Emotional Intelligence von Daniel Goleman (1996)

Veröffentlicht von MeinolfMeyer am

tl;dr: Wer dem Thema Emotionale Intelligenz als Grundlage der Leadership-Literatur und der Achtsamkeitsbewegung nachgehen möchte, ist hier gut aufgehoben und wird spannende Lektüre vor sich haben.

Ich habe mir dieses Buch bestellt, weil es andere immer wieder zitiert haben als Grundlage – dann werde ich manchmal neugierig.

Golemans Buch hatte nach dem Erscheinen 1996 schnell Erfolg, bei Fachleuten (Psychologen, Hirnforschern), mehr aber noch bei der interessierten breiteten Öffentlichkeit aus Nachbarn-Disziplinen, die sich dann alle bedienten bei ihm. Menschen, die sich für Erziehung, Führung / Leadership in großen Organisationen, für frühkindliche Entwicklung, die Rehabilitierung von Straftätern und vieles anderes mehr interessieren, konnten bei Goleman Interessantes finden. Vieles ist vermutlich in den anderen Disziplinen weiter entwickelt zwischenzeitlich, z. B. das Thema Achtsamtkeit / Mindfulness durch Jon Kabat-Zinn und Search Inside Yourself. Insofern ist es fraglich, ob Goleman heute noch gelesen werden muss – der Spagat aus Breite und Tiefe ist beachtlich. Ich würde auf jeden Fall ein echt gebundenes Buch empfehlen – nicht das kleingedruckte Taschenbuch, das ich hier vor mir habe. Es wird der Mächtigkeit des Sujets und der Fülle der Themen nicht gerecht – man geht mit falschen Erwartungen heran – bei mir führte es zu mehreren langen Lesepausen.

Er beginnt im Teil 1 mit einer Übersicht zur Hirnforschung bezüglich Gefühlen, Emotionen (ich bin nie ganz sicher, wie man Emotion aus dem Englischen fachlich richtig übersetzt). Das ist schon spannend. Hier kommen die ersten Einsichten, die Golemans Zuversicht befeuern, dass jeder von uns an seinem/ihrem Umgang mit Gefühlen gezielt arbeiten kann.

Im Vorwort lädt Goleman ein, direkt zu Teil 2 zu springen, wenn man die neurologischen Grundlagen nicht anschauen will. Ich habe mir das alles durchgelesen, dafür hatte ich mich an anderer Stelle schon zu tief mit dem Thema des Gehirns (Popper/Eccles und Baum der Erkenntnis) befasst, als dass ich diese Gelegenheit ausgelassen hätte.

Teil 2 grenzt nun EQ als Begriff ab. Es geht um diese Dinge:

  • Wahrnehmung der eigenen Emotionen
  • Steuerung der eigenen Emotionen
  • Selbst-Motivation
  • Wahrnehmung der Emotionen anderer
  • Steuerung von Beziehungen (im Sinne u. a. der Beeinflussung der Emotionen anderer – daher auch das Interesse der Management- und Leadership-Experten)

Teil 2 widmet jedem dieser Aspekte ein längeres Kapitel.

In Teil 3 wirbt Goleman dafür, dass die gezeigten Fähigkeiten wichtiger genommen werden sollten, weil die heutige Welt ihre Beherrschung viel mehr erfordert als früher. Er zeigt dies anhand moderner Ehen, in denen mehr ausgehandelt werden muss, weil weniger Eckpunkte durch die Gesellschaft schon vorgegeben sind. Sodann im Management – hier liegt es daran, dass Wissensarbeiter*innen immer mehr werden. Sie können nicht gesteuert werden können wie ein Manufaktur im 18. Jahrhundert oder eine Fabrik von Henry Ford. Das dritte Beispiel ist Gesundheit, Medizin und „Gutes Leben“ – emotionale Intelligenz ist zentral für ein langes, gesundes, glückliches Leben. Das ist meine Zusammenfassung, es wird natürlich anders dargelegt. Hier ist der Anker für die Yoga-, Wellness-, Achtsamkeitsbewegung und die Verbindung, die dann andere zu fernöstlicher Lebensweisheit hergestellt haben. Das Buch ist überbeworben, übermäßig gepriesen worden, aber ich würde mir wünschen, dass diese Erkenntnis Kernwissen jeder Schulabgänger*in ist – überall auf der Welt.

Die Teile 4 und 5 liefern jede Menge Anwendungen des Arbeitens mit diesen Konzepten zur Lösung konkreter Problem und dann auch weiteres Material und Studien.

Zusammengefasst: Wer dem Thema Emotionale Intelligenz als Teil der Leadership-Literatur und der Achtsamkeitsbewegung auf den Grund gehen möchte, ist hier gut aufgehoben und wird spannende Lektüre vor sich haben.