Saturday Night Fever (1977) – geht nicht mehr in 2020!
tl;dr: Nur noch etwas für Filmhistoriker*innen. Die Verharmlosung von Vergewaltigungen ist auch durch schöne Musik und die vielfältigen Wirkungen des Film auf die Popkultur nicht aufzuwiegen. Did not age well -wie man heute sagt.
Corona hat uns fest im Griff, man ist viel zuhause, die erwachsenen Kinder sind öfter zu Besuch. Dann kann man ihnen ja mal einen Einblick auf die eigene (Pop-) Kulturgeschichte geben. Blues Brothers, Rocky Horror Picture Show und eben auch Saturday Night Fever.
Das ging gründlich schief. Denn meine Frau und ich hatten diesen Film aus 1977 (da waren wir 11 Jahre alt) nie gesehen, oder nie mit Verstand. Wir haben beide eine LP mit dem Soundtrack in unsere Beziehung gebracht, wir haben die Musik aus dem Film bis heute immer wieder auf Parties, Hochzeiten, runden Geburtstagen gehört und dazu ausgelassen getanzt. Wir haben sicher auch die deutsche Presse in den Jahren danach das „Disco“-Phänomen beschreiben sehen, das Ventil frustrierter junger Erwachsener in Brooklyn, besonders unter Italo-Amerikanern. Leider hat das alles, was wir in Erinnerung haben, mit dem Film wenig zu tun.
Unsere Tochter hat uns nach einer halben Stunde fassungslos angesehen, wir haben mehrfach überlegt, den gemütlichen Fernseh-Abend abzubrechen. Dieser Film geht heute (zum Glück) nicht mehr. Vergewaltigungen werden verharmlost, fast verherrlicht. Das möchte ich nicht als Unterhaltung zwischen Tanzszenen und schlechten Dialogen sehen. Es ist auch nicht als Sozialkritik auf ein anderes Level zu heben.
Bemerkenswert: Auch der englische Wikipedia-Eintrag ist offensichtlich von alten Männern geschrieben – die Problematik von Saturday Night Fever aus heutiger Sicht – eigentlich auch aus damaliger Sicht – ist nirgendwo sichtbar, obwohl der Plot im Detail beschrieben wird.