Tod in Venedig – Ballett von John Neumeier 2003
tl;dr: Seit diesem Ballett-Besuch bin ich wie viele Hamburger*innen John Neumeier-Fan. Venedig, Thomas Mann, Bach, Wagner, Jethro Tull und dazu die Tänzer Lloyd Riggins und Edvin Revazov in den Rollen ihren Lebens. Ein Rausch.
Die Novelle Tod in Venedig von Thomas Mann war Stoff im Deutsch-Unterricht am Max-Planck-Gymnasium in Dortmund, wenn ich mich recht erinnere. Dann später im Studium habe ich mich (in vielen Tagen Vorbereitung und zwei Tagen Präsenz) in einem Wochenend-Seminar der Konrad-Adenauer-Stiftung nur mit dem Buch Der Zauberberg beschäftigt – dort wurden verschiedene Vergleiche zu anderen Werken mit versteckter und nicht so versteckter Homosexualität bei Thomas Mann angestellt. Auch Werke seines Bruders und seiner Kinder, die mir später in die Hände fielen, kamen immer wieder darauf.
Nun sitze ich im Advent 2003 – die Kinder sind in guten Händen unserer Babysitterin aus dem Nachbarhaus – mit meiner Frau in der Hamburger Staatsoper und schaue mit das Ballett von John Neumeier an. Überwältigend, schön, raffiniert – es ist der Abend, seit dem ich ein Fan von Neumeiers Arbeit in Hamburg bin.
Eine ordentliche künstlerische Würdigung sollen berufenere Stimmen machen – mir gefällt die Umsetzung des Themas, mir gefällt der Tanz, mir gefällt dies: An einem Abend Musik von Bach, Wagner und Jethro Tull zu hören. Und die Originalbesetzung mit Riggins und Revazov ist einfach stark. [späterer Nachtrag: Alle späteren Besetzungen mussten sich damit vergleichen lassen, in der Corona-Saison 2020/2021 sollte eigentlich eine Neuaufnahme stattfinden].
Wer nicht in Hamburg ist, nicht warten kann oder will: Es gibt sogar eine DVD-Version, mit der Originalbesetzung, allerdings nicht aus einer Hamburger Aufführung – dort fehlt natürlich die Stimmung, der Geruch und die Gesellschaft des Hamburger Ballett-Publikums….
Nachtrag vom 01. Februar 2022: Heute die Neuauflage dieser Saison gesehen, am letzten möglichen Termin. So gut wie bei den ersten Malen. Auch der derzeitige erste Solist das Balletts, Christopher Evans, macht sich die Rolle des Aschenbach/Wagner/Mann zu eigen. Das Programmheft ist lesenswert, außerdem aus der Wikipedia-Eintrag zu zugrunde liegenden Novelle. Hier eine Spotify-Liste mit der gesamten Musik des Abends. Notiz zum Abend in der Staatsoper: Trotz Covid-19 keine Lücken zwischen den Plätzen, scheint es – und auch wegen Covid-19 bei weitem nicht volles Haus, viele Menschen sind doch noch vorsichtig.